Dienstag, 17. Mai 2016

"Märchen – therapeutisches Schreiben"

Aus meinem entstehenden Praxisbuch


Das Märchen ist zeitlos („Es war einmal“) und muss sich nicht an realistische Begrenzungen halten. In seiner unbedarft-kindlichen Weisheit vermag das Märchen Widersprüche zu versöhnen, seelische Konflikte und „Geheimnisse“ in eine Formel, einen Zusammenhang, in Kohärenz zu bringen.


Wer kennt es nicht, das mutige Geschwisterpaar Hänsel und Gretel, das im dunklen Wald aus Hunger im verführerischen Lebkuchenhäuschen  der Hexe landet, die Menschenkinder frisst. Gretel, ursprünglich ängstlicher als ihr grosser, erfindungsreicher Bruder, vollbringt  endlich die grosse Tat, die böse Hexe im brennenden Ofen zu töten, ehe diese die Geschwister verzehrt. 


Das Märchen als Weggeschichte ist therapeutisch. Der ganz Schwache (Gretel, Gretchen!), der Naive, ist ihr Held. Freundschaft und Liebe weisen den Ausweg. Alles ist heilbar. 

Mittwoch, 11. Mai 2016

"Ruhig werden (über das Kurzgedicht Haiku)"


Aus meinem entstehenden Praxisbuch



Ist für dich klar, was wirkliches Sehen bedeuten würde?  Es bedeutete, dass du das, was vor dir ist, wenn du die Augen öffnest – der landläufige Begriff des Sehens ist ja gebunden an offene Augen (worüber man sich streiten könnte) – auf eine reine, ursprüngliche, unverzerrte Art sähest.

Ein reines Sehen, der ursprünglich-unvernebelte Blick, unverfälscht und wach, der primordial view (Ur-Blick) ist sowohl eine Richtung, zu welcher uns die Haltung des Nicht-Urteilens verhelfen kann, wie auch das Training von Konzentration, von Sammlung; wörtlich: von Einmittung, von einem Zusammenziehen.





Möwen. Das Wasser
Spritzt und die Gischt schmeckt salzig.
Der Orkan ist da

Es ist nass und kalt,
ein dunkler Februartag,